Verdi-Demonstranten am Berliner Flughafen, 13. März: Hohe Lohnforderungen und große Wut Foto: REUTERS/Christian Mang
Von Gunnar Schupelius
Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst fühlen sich ungerecht behandelt, weil der Staat für sie kein Geld hat, an anderer Stelle aber viel ausgibt. Dieser Zorn ist verständlich, meint Gunnar Schupelius.
Die Lohnforderungen von Verdi sind umstritten: 10,5 Prozent mehr, für die unteren Einkommensgruppen pauschal 500 Euro brutto pro Monat, was einer Steigerung von bis zu 20 Prozent entspräche.
Die einen halten diese Forderungen für übertrieben, die Mehrheit der Beschäftigten aber offenbar nicht. Die Bereitschaft zum Warnstreik war groß und man kann davon ausgehen, dass in einer Urabstimmung ein unbefristeter Streik beschlossen werden würde. Die Angestellten der Deutschen Post haben so entscheiden, woraufhin der Arbeitgeber einlenkte.
Ich habe mich gegen die hohen Lohnforderungen von Verdi und EVG ausgesprochen, mit dem Argument, dass die dann folgenden Mehrausgaben von allen getragen werden müssen.
Die Leser haben mich dafür mit großer Mehrheit kritisiert. Dabei kam ein großes Unbehagen an der Politik zum Ausdruck und das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden.
Die Gewerkschaften fordern zu viel, wer soll das bezahlen?
Was sie schreiben, kann man etwa so zusammenfassen: Der Staat habe für alles und jeden Geld, für die Ukrainer zum Beispiel oder für Waffenlieferungen in die Ukraine. Jeder Asylbewerber bekomme fast so viel wie ein Rentner nach 40 Jahren Arbeit und der Kanzler verdopple sein Kanzerlamt für knapp eine Milliarde Euro.
Weshalb also gönnt dieser Staat, der so großzügig Geld ausgibt, seinen Bediensteten nicht einmal zehn Prozent? Das wollen sie alle wissen. „Warum sollen die Angestellten im öffentlichen Dienst verzichten?“ fragt Jutta Ayivon. „Unsere Abgeordneten haben sich in das Gesetz geschrieben, dass sich ihre Diäten ganz automatisch regelmäßig erhöhen. Und genau dieser Personenkreis hält die Lohnforderung der Gewerkschaften für unverhältnismäßig“, schreibt Andre Knospe.
Hier hat sich eine große allgemeine Wut aufgestaut, die nachvollziehbar ist. Man gibt das Geld mit vollen Händen aus, spart dann aber an den eigenen Bediensteten. Es entsteht das Gefühl, dass man die eigenen Leute schlechter behandelt als andere.
Symbolisch für die Geldverschwendung steht das Bundeskanzleramt. Es soll für 777 Millionen Euro verdoppelt werden und wäre dann vier Mal so groß wie das ehemalige Gebäude in Bonn. Eine sinnvolle Begründung wird nicht geliefert. Bundeskanzler Scholz hält trotz aller Kritik eisern an diesem Plan fest.
Scholz hält an der 777-Mio-Erweiterung für das Kanzleramt fest
Und auch beim Spitzenpersonal spielt das Geld offenbar keine Rolle: Die rot-grün-gelbe Bundesregierung leistete sich seit Amtsantritt 183 neue Topjobs in der B-Besoldung mit Gehältern zwischen 7200 und 15.000 Euro pro Monat.
Die meisten neuen Stellen entstanden bei Wirtschaftsminister Habeck (Grüne), Bauministerin Geywitz (SPD) und im Kanzleramt. Eine Begründung für die Notwendigkeit, solche neuen Stellen zu schaffen, gibt es nie, das hat der Bundesrechnungshof immer wieder beanstandet. Ganz oben bei den Ministern und beim Kanzler bedient und versorgt man sich selbst, dort ist also genug Geld auch für sehr hohe Gehälter vorhanden.
Die Liste der Verschwendung ließe sich beliebig fortsetzen. Und wenn Bund, Länder und Gemeinden jetzt behaupten, die Taschen seien leer und sie könnten die Gehälter nicht erhöhen, ist das so lange unglaubwürdig, wie die Verschwendung nicht beendet wird.
Solange ist die große Verdi-Wut durchaus verständlich. Ob die Forderungen angemessen sind, steht auf einem anderen Blatt.
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Eine Quelle: www.bz-berlin.de